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Nachruf

Nachruf: Auf Wiedersehen Prof. Carl H. Hahn!

By 1. Februar 2023No Comments

Nachruf: Auf Wiedersehen!

Er gehört zweifellos zu den ganz Großen. Wenige haben einen Konzern so geprägt wie er. Vielleicht hatte er so etwas wie den archimedischen Punkt: Einen festen Halt im Glauben und eine große Perspektive. Mit ihm gab es keine belanglosen Gespräche, sondern immer auch neue Erkenntnisse und Horizonterweiterung mit Mut zur Zukunft. Mindestens zweimal hat er dem Automobilhersteller aus dem Zonenrandgebiet internationale Dimension verpasst und mit Weitblick die Weltmärkte erschlossen, ohne die das Unternehmen vermutlich untergegangen wäre. Die neue Welt, den Osten, Süden und den fernen Osten erschloss er Stück für Stück. Er war ein Macher mit Herz und Offenheit für die Kulturen. Die Kraft dazu nahm er aus seiner christlichen Verwurzelung. Als Assistent von Heinrich Nordhoff hatte er die ersten Schritte dazu gemacht, als die Italiener nach Wolfsburg geholt wurden und damit ein leichteres Flair und ihren überwiegend katholischen Glauben mitbrachten. Das war eine riesige Bereicherung und ein frischer Wind. Damit wurde eine Tür für die Globalisierung geöffnet und der Grundstein eines späteren Weltunternehmens gelegt. Das Unternehmen erhielt durch diesen täglichen Lerneffekt einen Vorsprung vor anderen. In den USA fuhr er später einen Erfolg nach dem anderen ein. Zwischenzeitlich wurde er Vorstand eines anderen bedeutenden Unternehmens der Automotive-Branche, bevor er ein zweites Mal nach Wolfsburg kam und die entscheidenden Impulse zum Überleben und Weltaufstieg brachte. Mit seiner geliebten Ehefrau Marisa und seinen Kindern war er in der Welt zuhause. Gemeinsam gründeten sie eine Stiftung, die es bis heute vielen Kindern ermöglicht hat, selbst mit Weitblick und Mut in die Zukunft zu schauen. Ich brauche gar keinen Namen zu nennen. Man kennt ihn trotz seines hohen Alters. Bis über 90 Jahre ist er noch Abfahrtski gefahren oder fuhr täglich in sein Büro, bearbeite die E-Mails aus aller Welt und hatte ein offenes Ohr für viele Menschen. Selbstlos und leise half er Menschen bis zum Schluss seines Lebens, die hier und da in Not geraten waren und stand ihnen bei.

In meiner Zeit als Industriepastor trafen wir uns jedes Jahr zum Gespräch. Als ich die Bildungsrallyes Go4School zugunsten von Schulgründungen und -erweiterungen in Afrika mitorganisierte, gab er uns als geistiger Unterstützer 2014 das Testimonial:

„Nur durch eine solide Schulbildung lassen sich das geistige Potenzial der Menschen und damit das gewaltige menschliche Kapital Afrikas mobilisieren. Bildung erwirtschaftet nicht nur die höchsten Renditen, sondern ist und bleibt zugleich das allerbeste Sozialprogramm. Sie ist deshalb Grundvoraussetzung, um diesem geschundenen Kontinent eine neue Perspektive und menschenwürdigere Zukunft zu geben. „Whatever is spent on the brain is never spent in vain”. Diese Einsicht hat sich Go4school auf bewundernswerte Weise zu eigen gemacht und leistet mit seinen Mikrokrediten für Schulen einen beispielhaften und richtungweisenden Beitrag.“

Hahn & Schladebusch 2014

Carl H. Hahn und Peer-D. Schladebusch beim Gespräch über Go4School, 29.04.2014

Als wir 2012 das Netzwerk Christen in der Automobilindustrie (CAI) gründeten, wozu auch das Netzwerk Christen bei Volkswagen (CVW) gehört, freute ihn das sehr. Für den Gottesdienst, den wir 2018 in St. Christophorus zum 50. Todestag von Heinrich Nordhoff feierten, steuerte er noch anerkennende Sätze über seinen ehemaligen Chef zu meiner Predigt bei. Die Herrnhuter Losungen – ein Heft mit ausgewählten Bibelversen und einem Spruch für jeden Tag – so berichtete er mir, lägen neben seinem Bett und er läse morgens gerne darin. Prof. Carl Horst Hahn, das ist sein Name. Er war nicht nur einer der bedeutendsten und beeindruckendsten Führungskräfte, er wusste sich auch von Gott geführt. Mit großem Dank nehme ich Abschied von ihm und weiß, es wird nicht für immer sein.